Die richtige Netzwerkinfrastruktur fürs Event
Quelle: Event Partner 02/2019 | Text: Anna Habenicht | Bilder: RIEDEL; Porsche SE
Welchen Mehrwert habe ich als Veranstalter und/oder Eventplaner durch eine optimale Netzwerkinfrastruktur und worauf muss man beim Schutz seines Netzwerks achten? Wir haben mit Experten gesprochen, die es wissen müssen: Florian Nürnberger, Entwicklungsleitung Ressort Technik bei Neumann&Müller Veranstaltungstechnik (N&M) und Evangelos (Laki) Mitrou, Senior Project Manager bei Riedel.
Licht, Ton, Videoüberwachung, Zugangskontrolle, Kommunikation, Steuerungselemente – all das und noch viel mehr ist mittlerweile auf Events ohne eine Netzwerkinfrastruktur gar nicht mehr denkbar. „Wir können heutzutage in 2019 ganz klar sagen, dass Veranstaltungstechnik ohne Netzwerktechnik und ohne belastbare Netzwerkinfrastruktur genauso wenig funktioniert, wie ohne Strom“, sagt auch Florian Nürnberger von N&M.
Der Bedarf eines Events
Doch wie kann ich nun den Bedarf meiner Veranstaltung ermitteln? Genauso wie ein Veranstalter seinen Dienstleistern die Frage stellt, wie viel Strom sie brauchen, sollte er sich auch nach ihrem Netzwerkbedarf erkundigen. Laut Laki Mitrou können Veranstalter theoretisch einfach tabellarisch den Bedarf der einzelnen Dienstleister und Stakeholder abfragen: „Die Idee ist ja da, dass man als Veranstalter ein Netzwerk baut, auf das alle aufspringen, ihren Bedarf dann anständig anmelden, und dass dann ein IT-Dienstleister letztendlich das ganze Netzwerk bestellt.“ Davon profitieren nicht nur die Dienstleister, die Arbeitsabläufe optimieren können, indem sie beispielsweise keine eigenen Kabel ziehen müssen, sondern auch die Veranstalter, da so unnötige Manpower und in der Konsequenz auch Kosten gespart werden können.
Unterschiede im Bedarf bzw. dem, was man durch einen Dienstleister noch dazu kaufen muss, können auch durch verschiedene Eventformate und die Location entstehen. So werden bei kleinen und Kleinst-Events, laut Florian Nürnberger, Techniker ihren Bedarf eigenständig innerhalb der Gewerke abdecken. Schaut man sich jedoch einen Kongress an, können neben der „Standard-Infrastruktur“, die für Lichttechnik, Tontechnik, Videotechnik oder Rigging von Nöten ist, noch weitere Infrastrukturkomponenten dazu kommen: Denkbar wären, so Florian Nürnberger, zum Beispiel ein Dokumentenmanagementsystem oder Digital-Signage-Anwendungen. Die Netze und die dahinterliegenden Technologien werden so deutlich komplexer, als das vielleicht bei einem reinen Beschallungs- oder Beleuchtungsjob der Fall wäre.
Doch auch im Bereich der Locations kann es signifikante Unterschiede geben. Auch wenn typische Veranstaltungs- oder Messehallen meist schon eine Netzwerkverkabelung haben, kann es nötig sein, die vorhandene Infrastruktur zusätzlich aufzustocken. Außerdem seien, so Florian Nürnberger, viele Hallenbetreiber in den allermeisten Fällen derzeit noch nicht auf die Art ausgestattet, die sich die Kunden wünschen. Das bestätigt auch Laki Mitrou: „Wenn man an alte Locations kommt, hat man oft das Problem, dass zwar rudimentäre Kupferkabel verlegt sind, diese sich aber nicht für lange Strecken eignen. Kupferkabel sind ab einer gewissen Länge nicht mehr zuverlässig und ermöglichen zudem keine Stromversorgung mehr. Und dann kommen wir ins Spiel und verkabeln parallel mit Glasfaser.“ Besonders neue Messehallen seien, laut Mitrou, jedoch dank des in der Regel hochwertigen Netzwerkes verbunden mit einem Monitoring ein Traum.
Gemeinsam oder getrennt? Vorteile eines Backbone-Netzwerkes
Betrachtet man den Netzwerk-Bedarf, stellt sich auch schnell die Frage, ob es Sinn macht, für jedes Gewerk ein eigenes Netz aufzubauen oder eine gemeinsame Infrastruktur in Form eines Backbone-Netzwerkes zu nutzen. „Wenn man es schafft, wirklich den Bedarf komplett zu erfassen und zusammenzufassen, dann kann man mit einem Backbone-Netzwerk natürlich Kosten einsparen, erhöhte Redundanz erzeugen und die Kompetenz zentral an einem Ort abrufen“, erläutert Laki Mitrou von Riedel und er ergänzt: „Das ist besser, als wenn man z.B. zum Licht geht und fragt: ‚Was ist denn mit eurem Netzwerk, ihr habt euch hier irgendwo aufgesteckt?‘ Da kommen dann gerne mal solche – mit Verlaub – Hausmeisterlösungen dabei raus, und das kann gefährlich werden.“
Problematisch kann ein geteiltes Netzwerk jedoch werden, wenn sich niemand darum kümmert, dass es sauber läuft und eine effiziente Architektur da ist. Dann, so Mitrou, könne es auch mal sein, dass man sich gegenseitig stört, was natürlich verhängnisvoll wäre. Ist hingegen ein guter Dienstleister vor Ort, der das Netzwerk baut, können auch sicherheitsrelevante und nicht-sicherheitsrelevante Themen miteinander vermischt werden, z.B. mittels V-LAN, also virtuellen Netzwerken im großen Netzwerk, die sich gegenseitig nicht sehen oder berühren. Hat man auf der Veranstaltung einen zentralen Dienstleister, der sich um das gesamte Netz kümmert und dieses mithilfe einer Kontroll-Software auch überwacht, erhöht man zudem die Sicherheit und gewährt einen reibungsloseren Ablauf, weiß Laki Mitrou: „Sobald etwas in meinem Netzwerk ist, kann ich sehen, wenn es einen Fehler gibt. Wenn jeder sein eigenes Süppchen kocht, kann da keiner reinschauen. Auch die Dokumentationsmöglichkeit ist bei einer zentralen Schnittstelle höher. Wenn es Probleme gegeben hat, kann man im Nachhinein so sofort Zusammenhänge erkennen.“
Bei kleinen Veranstaltungen kann es aber, so Florian Nürnberger, aus Ablaufgründen, aus Gründen der Einfachheit und der fehlenden Zeit für Absprachen durchaus sinnvoll sein, einzelne Netze zu bauen. Größere Events würden jedoch stark von einem geteilten Netzwerk profitieren, auch weil in den einzelnen Gewerken dann oft nicht mehr die Expertise vorhanden sei, um ein entsprechend groß dimensioniertes Netzwerk zu betreiben.
Safety first – Sicherheit im Netzwerk
Fehlende Expertise oder Unwissenheit kann jedoch nicht nur beim Bau einer Netzwerkinfrastruktur fatale Konsequenzen haben, auch die Sicherheit der Netzwerke ist von hoher Bedeutung. Gerade deswegen versuchen sowohl Laki Mitrou als auch Florian Nürnberger ein Bewusstsein beim Kunden zu schaffen. Das scheitert jedoch häufig am fehlenden Verständnis, aber auch den zusätzlichen Kosten für eine erhöhte Sicherheit.
So berichtet Nürnberger exemplarisch vom Vortragsredner, der fünf Minuten vor Beginn mit einem USB-Stick und neuen Power-Point-Charts in der Videoregie auftaucht und diese noch eingepflegt sehen will. Sicherheit könne, so Nürnberger, nicht einfach auf technischer Ebene eingekauft werden, sondern es müsse hierfür im gesamten Kundenunternehmen ein Bewusstsein geschaffen werden. Sicherheit nur durch die reine Implementierung auf technischer Ebene sei nicht möglich.
Generell lässt sich technisch aber natürlich durch eine Firewall, die das Netzwerk beispielsweise nach außen hin schützt, für jeden Nutzer Datenströme voneinander trennt und die die Möglichkeit bietet, die Netzwerke verschiedener Gewerke an das Internet bzw. Hausnetzwerk anzubinden, Sicherheit herstellen. Trotzdem: Absoluten Schutz gibt es nicht.
Netzwerksicherheit bedeutet aber nicht nur einen Schutz nach außen. Vielmehr gehe es, laut Florian Nürnberger, um Betriebssicherheit: „Wir sind längst an einem Punkt angekommen, wo wir Netzwerke als Basis etwa für den Transport der Audiosignale einer Beschallungsanlage betreiben. Wenn die Beschallungsanlage aber zusätzlich auch als Evakuierungsanlage dient und potenzielle Katastrophen verhindern soll, dann muss man ganz andere Ansprüche an das Verständnis der für den Transport verantwortlichen Netze haben.“ Für diese handfesten Ansprüche an die Sicherheit, die nichts mit einem Cyberangriff von außen zu tun haben, müsse das Bewusstsein beim Kunden weiter geschärft werden.
Potenziale von Netzwerken
Doch Netzwerke können längst mehr als nur Licht-, Audio- oder Videosignale übertragen – in ihnen steckt das Potenzial für wirklich interaktive Events, ist Florian Nürnberger von N&M überzeugt: „Wir haben heutzutage die Möglichkeiten, über interaktive und kundespezifische Applikationen Gäste aus einer Zuschauer- in eine Teilnehmerrolle zu bringen, und Events zu einem interaktiven Erlebnis zu machen – und damit zu einem Schlüssel für eine Bindung und Identifizierung der Gäste mit dem Kundenunternehmen.“
Eine Veranstaltung komme, so Nürnbergers Fazit, mittlerweile nicht mehr ohne Netzwerktechnik aus, nun gehe es darum, Daten zu verknüpfen und Möglichkeiten zusammenzubringen. Werden bei einem Event beispielsweise Kamerabilder für eine Großbildleinwand produziert, ist es sinnvoll, diese mit einer Videoplattform zu verknüpfen. Durch das Streamen wird ein Event dabei nicht nur global zugänglich und erhöht seine Reichweite, sondern erhält auch eine zeitunabhängige Komponente. Ein Moment könne so immer wieder abgerufen werden, Veranstalter könnten auf einen bestimmten Vortrag oder eine Situation verweisen: „Das ist ein enormer Mehrwert für unsere Kunden und den müssen wir noch stärker betonen.“