Tag der Deutschen Einheit in München
Quelle: eventpartner 6.2012
Seit 1990 gilt der 3. Oktober als wichtigster Feiertag für Gesamtdeutschland. Der offizielle Festakt zum "Tag der Deutschen Einheit" findet traditionell in der Hauptstadt des Landes statt, das zum jeweiligen Zeitpunkt den Vorsitz im Bundesrat innehat - 2012 war somit trotz Nürnberger Lokalpolitik-Avancen München als Veranstaltungsort gesetzt. Jenseits des offiziellen Festaktes stellten sich unter dem Motto "Gemeinsam feiern im Freistaat Bayern" am 2. und 3. Oktoberbei einem Bürgerfest die deutschen Verfassungsorgane sowie die 16 Bundesländervor. Letztere zeigten zwischen Feldherrnhalle und Siegestor auf einer so genannten Ländermeile entlang der Münchner Ludwigstraße Präsenz. Rund 400.000 Gästekonnten nach Angabe der Staatskanzlei während des Bürgerfestes gezählt werden.
Jubel, Trubel, Einheit
Alphörner, Trachtenaufzüge, Volkstänze, Blaskapellen, in Lederhose/Dirndl gekleidete Kinderchöre sowie das parallel stattfindende Oktoberfest - mehr Bayern-Beschaulichkeit geht nicht, und auch der Wettergott hatte ein Einsehen und ließ am 3. Oktober von einem weiß-blauen Himmelgoldene Herbstsonne auf das 22. Fest zum Tag der Deutschen Einheit scheinen. Als Mitbringsel der Berliner Delegation entwickelte sich eine aufblasbare Miniaturausgabe des Brandenburger Tors zum beliebten Fotomotiv, während bei anderen Ländervertretungen regionale Gaumenfreuden vom Sylter Fischbrötchen bis zur bayerischen Brezel regen Zuspruch erfuhren. Allerorts Jubel, Trubel, Einheit und bestens gelaunte Menschenmassen, die den Münchner Prachtboulevard tagsüber bis zur Kapazitätsgrenze füllten - mehr überregionale Aufmerksamkeit hat die Ludwigstraße vermutlich seit dem Trauerzug für Franz Josef Strauß im Jahr1988 nicht mehr erfahren ...Für das Fest zum Tag der Deutschen Einheit zeichnete als Agentur zum siebten Mal die Berliner COMPACTTEAM Event -Marketing - Concept GmbH unter Federführung von Gerald Ponesky verantwortlich. Wesentliche Teile der Veranstaltungstechnik sowie insbesondere die abendliche XXL-Fassadenprojektion nebst Licht und Beschallung wurden von Neumann&Müller geliefert und betreut.
Weiß/Blau/Schwarz/Rot/Gold
Während des nach Einbruch der Dunkelheit beginnenden Bürgerfestfinales mischten sich großflächige Videoeinspielungen mit einer Lasershow und farbenprächtigen Fassadenilluminationen. Den Besuchern wurde über knapp 40 Minutenhinweg eine atmosphärische Deutschlandgeschichtenahe gebracht. Ein Auftritt der Band Karat ("Über sieben Brücken") wurde durch Performances von Trommlern (Powerpercussion) und Streichern sowie einen Gesangsbeitrag("Freedom") von Tenor Alessandro Rinello ergänzt. Spektakulär wirkte insbesondere die riesige Fassadenprojektion: Techniker von N&M hatten an insgesamt acht Positionen der Ludwigstraße hohe Tower errichtet, die neben zahlreichen Vari-Lite VL3000 auch jeweils zwei leistungsstarken 3-Chip-DLP-Projektoren(Panasonic PT-DZ21K als Tandemanordnung mit 2 × 20.000 ANSI-Lumen) Platz boten. Letztere waren durch eigens angefertigte Einhausungen gegen plötzliche Regengüsse geschützt und warfen ihre Bilder auf die gegenüberliegenden Häuserwände. Die Gebäudefronten wurden nicht vollflächig, sondern in Ausschnitten mit Videocontent (Full-HD bzw.1.920 × 1.080 Pixel) bespielt, wobei die verbleibenden Flächen durch die Moving Lights in buntes Licht getaucht und/oder von bewegten Gobos gefüllt wurden. "Sämtliche Bestandteile der Show wurden im Vorfeld programmiert und laufen zu einem Master-Timecode", erläuterte N&M-Projektleiter Johannes Pippig. Auf allen acht Projektionsbildern war der gleiche Inhalt zu sehen, was fraglos der Länge der Ludwigstraße sowie den begrenzten Blickfeldern der sich ebenerdig aufhaltenden Passanten geschuldet war. Insgesamt wurde die rund 1,5 km lange Straße auf einer Strecke von 700 Meter per Video bespielt; zwischen Beamern und Projektionsflächen galt es, im Durchschnitt eine Boulevardbreite von 35 Meter zu überbrücken. Den Ton zum Bild lieferten19 Boxenstapel aus dem Portfolio von d&baudiotechnik; jeweils vier T10-Topteile und ein passender Tieftöner des Typs T-SUB stellten eine gute Sprachverständlichkeit an allen Publikumspositionen sicher.
"Des Beste wos gibt!"
Erwartungsgemäß wurde die komplexe Signalverteilung über redundant aufgebaute Digitalnetzwerke realisiert, wobei aufgrund der großen Distanzen Glasfaserkabel zum Einsatz kamen. Die technische Veranstaltungsregie konzentrierte sich in einem Büroraum des Bayerischen Landessozialgerichts. Der Steuerung dienten unter anderem zwei MA LightinggrandMA2-Pulte (für das Licht) sowie eine neue Yamaha CL5-Konsole (für den Ton), deren vier strategisch vorteilhaft verteilte RioI/O-Racks per Dante-Protokoll adressiert wurden. Als zentrale Zuspielung fungierte ein Watchout-System von Dataton. Die gezeigten Videoinhalte wurden größtenteils von COMPACTTEAM geliefert. Regisseur Uwe Leo Auerswald und Produktionsleiter Mathias Mantzke entwarfen die Show gemeinsam. Auerswald, der schon für die Regie der Veranstaltung "20 Jahre Mauerfall" 2009 in Berlin verantwortlich war, schrieb die Texte und übernahm die Bildauswahl. Mathias Mantzke verantwortete die Musikredaktion und legte die Show mit allen Audiofiles in Logic an. Über die Titel der obengenannten Acts hinaus hörten die Gäste während der Show Kompositionen von Christian Steinhäuser und Haindling. Die Wortbeiträge der Deutschlandgeschichte wurden von den Schauspielern/Synchronsprechern Helmut Krauss (u. a. Samuel L. Jackson) und Max Volkert Martens("Tatort") gesprochen.
Im N&M-Studio München hatte Pasquale Zuppa die Projektionsinhalte im passenden Format an die Watchout-Timeline angelegt. Zuppa fügte darüber hinaus erwünschte Claims ("Bayern, des is des Beste wos gibt!") als Animationen in das Projekt ein. Eine Besonderheit: Bereits am 2. Oktober wurde die Formation Karat vor Ort im Auftrag von COMPACTTEAM gefilmt - das resultierende Bildmaterial wurde über Nacht geschnitten und via Server-Transfer in das Projekt eingefügt. Während ihres Auftritts war die Band am 3. Oktober auf allen acht Projektionsflächen zu sehen - lippensynchron im XXL Format. Neben einem beeindruckenden Feuerwerk, das die Pyrospezialisten von lunatX zum Abschluss des Abends auf einer Länge von 600 Meter über den Häuserdächern der Ludwigstraße entzündeten, zeigte Frank Henning von Laser Performance, welche Kraft aktuelle 30-Watt-Laser entfalten können - eine Laserleistung von insgesamt 180 Watt bedeckte die Ländermeile mit einem intensiven weiß-blauen Lichtstrahlenteppich. Der Aufbau der Ländermeile war mit nennenswertem Aufwand verbunden und begann bereits am 28. September. "Eine besondere Herausforderung ist die Größe des Areals", merkte N&M-Projektleiter Johannes Pippig in München an. "Auch der Umstand, dass sehr viele Gewerke beim Aufbau parallel tätig werden, macht die Logistik nicht unbedingt einfacher." Bis zu 35 Personen waren in München zeitgleich für N&M im Einsatz. Über die Ländermeile hinaus wurde N&M im Zelt des Bayerischen Landtags aktiv, in dessen Innerem Medien- sowie Licht- und Tontechnik installiert wurden - ins Auge sprang hier insbesondere ein großer Sharp-Bildschirm mit einer Diagonale von 108 Zoll. Bei der an den Staatsakt anknüpfenden Trachtenparade kümmerte sich N&M um Beschallung und Sendeton; die Stereosumme des Tonpultes wurde direkt an den Bayerischen Rundfunk übergeben. Am Geschwister-Scholl-Platz wurde ein Magic Sky-Schirmsystem samt eines darunter agierenden KUKA-Industrieroboters durch N&M mit Beleuchtung und Beschallung bestückt, was gleichermaßen für eine kompakte Bühne im Kaiserhof galt.
Im Glanze dieses Glückes
Das bislang größte Bürgerfest zum Tag der Deutschen Einheit war ein voller Erfolg: Fröhlich wurde in München über zwei Tage hinweg gefeiert, und die gelungene multimediale Synthese aus Video, Licht, Ton , Laser- und Pyrotechnik bildete am Abend des 3. Oktober einen krönenden, dem Anlass gerecht werdenden Abschluss des Groß-Events. Die Einheitsfeier 2012 kostete die Steuerzahler des Freistaats nach Medienberichten rund 2,5 Millionen Euro - bayerischen Regenten wird seit jeher ein Hang zu üppigen Präsentationen unterstellt, und König Ludwig I. hätte fraglos Gefallen am bestens frequentierten Fest auf dem von ihm nach Pariser Vorbild gestalteten Prachtboulevard gefunden. Bundespräsident Joachim Gauck fand anlässlich des Festtages wie gewohnt trefflich gewählte Worte: "Die friedliche Freiheitsrevolution von 1989 scheint uns heute oft wundersam, aber sie ist von Menschen erkämpft. Und sie ist die Geschichte einer Nation, die wir mögen dürfen."
Text & Fotos: Jörg Küster